Wie gute Schlafqualität den Verlauf einer Depression beeinflussen kann
Depressionen und Schlafstörungen gehen oft Hand in Hand. Menschen mit Depressionen können Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Durchschlafen haben oder sich am Morgen nicht ausgeruht fühlen.1 Umgekehrt kann eine schlechte Schlafqualität das Risiko für die Entwicklung einer Depression erhöhen oder bestehende depressive Symptome verstärken. Dieser Teufelskreis kann dazu führen, dass Menschen in einer negativen Spirale gefangen sind.1,2
Zirkadiane Rhythmen sind innere Rhythmen, die eine Periodendauer von etwa 24 Stunden haben. Diese Rhythmen beeinflussen die Funktionen des Organismus und sind als Anpassung an die sich im Tagesverlauf verändernden Umweltbedingungen entstanden.3
Während Schlaf-Wach-Zyklen, Essgewohnheiten und Körpertemperatur die bekanntesten physiologischen Funktionen sind, die durch zirkadiane Rhythmen gesteuert werden, erstreckt sich die physiologische Steuerung durch diese innere Uhr auch auf höhere Gehirnfunktionen. Es gibt immer mehr Hinweise auf einen engen Zusammenhang zwischen der inneren Uhr und depressiven Erkrankungen.3
Während viele Menschen auf die Anzahl der Stunden achten, die sie schlafen, vernachlässigen sie oft die Qualität des Schlafs. Unter Schlafqualität versteht man unter anderem häufiges Aufwachen, Alpträume oder starke Schwankungen der Schlafphasen. Diese Eigenschaften des Schlafs können Depressionen verstärken beziehungsweise die Schwere einer Depression anzeigen. Auch eine unzureichende REM-Schlafphase (REM steht für Rapid Eye Movement), die für die emotionale Verarbeitung im Gehirn wichtig ist, kann zu depressiven Symptomen beitragen.2,4
Der soziale Jetlag - eine weitere Störung des zirkadianen Rhythmus, der auftritt, wenn wir nicht genug schlafen, um unseren sozialen oder beruflichen Verpflichtungen nachzukommen - wurde mit depressiven Symptomen in Verbindung gebracht. Sozialer Jetlag geht bei Jugendlichen häufig mit depressiven Symptomen einher.5
Schlaf hat auch einen direkten Einfluss auf kognitive Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösung. Schlafmangel oder Schlafstörungen können somit unsere Denkfähigkeit beeinträchtigen. Depressionen können das Denken dann noch zusätzlich einschränken, wobei hier die Ursache Entzündungen im Gehirn sein dürften.6,7 Die kognitiven Beeinträchtigungen können sich auf die Arbeitsfähigkeit, die sozialen Beziehungen und die Lebensqualität auswirken.7,8
Eine gute Schlafhygiene, zu der u.a. die Schaffung einer ruhigen Schlafumgebung, die Vermeidung von Koffein und Bildschirmzeit vor dem Schlafengehen und die Einhaltung eines regelmäßigen Schlafplans gehören, kann dazu beitragen, Schlafprobleme zu minimieren. In einem Schlaftagebuch können Patient:innen die Dauer und die Qualität ihres Schlafes aufzeichnen und mit ihren Ärzt:innen besprechen.1 Auch regelmäßige körperliche Aktivität (Sport und Bewegung) kann die Schlafqualität und damit depressive Symptome verbessern.9,10
Für Menschen mit Depression ist die Behandlung von Schlafstörungen häufig ein wichtiger Bestandteil der Gesamtbehandlung. Medikamente, Psychotherapie und verhaltenstherapeutische Ansätze können dazu beitragen, die Schlafqualität zu verbessern und damit auch kognitive Beeinträchtigungen wie z. B. zunehmende Vergesslichkeit, herabgesetzte Aufmerksamkeit, Konzentrationsprobleme, Sprachstörungen, Orientierungsprobleme oder Gedächtnisverlust zu lindern.1,7,9,10
Fazit: Insgesamt ist der Zusammenhang zwischen Schlaf, Depression, Schlafqualität und Kognition ein komplexes Thema, das zeigt, wie eng Körper und Geist miteinander verbunden sind. Ein gesundes Schlafverhalten kann nicht nur die Schlafqualität verbessern, sondern auch das Risiko einer Depression verringern und die kognitiven Fähigkeiten verbessern.
Tipps:
- Schlafgewohnheiten und mögliche Probleme in einem Schlaftagebuch notieren (Tagebuch hier downloaden)
- bei Auffälligkeiten ein Schlaftagebuch führen und mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt besprechen
- NVL-Leitlinie https://www.leitlinien.de/themen/depression/version-3
- PMID: 34955907 Sleep Disturbances Are Associated With Depressive Symptoms in a Chinese Population: The Rugao Longevity and Aging Cohort
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PMID 36345502 This review overviews rodent models with disrupted circadianrhythms on depression-related responses.
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PMID: 37116584 Bidirectional relationship between sleep and depression
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PMID 37453905 Social jetlag as a predictor of depressive symptoms among Japanese adolescents: Evidence from the Adolescent Sleep Health Epidemiological Cohort. Social jetlag, a circadian misalignment, has been associated with depressive symptoms in the general and working populations
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PMID: 37692303 The core inflammatory factors in patients with major depressive disorder: a network analysis
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PMID: 37743838 The association between persistent cognitive difficulties and depression and functional outcomes in people with major depressive disorder
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PMID 34769716 This study aimed to examine the association between nighttime sleep duration and depressive symptoms among Chinese adolescent girls.
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PMID 33554644 Psychological Interventions to Improve Sleep in Young Adults: A Systematic Review and Meta-analysis of Randomized Controlled Trials.
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PMID: 37069886 Sleep Hygiene Practices and Its Impact on Mental Health and Functional Performance Among Adults in Tabuk City: A Cross-Sectional Study
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